Aviciis fünfter Todestag: Wir blicken zurück
Kaum ein Produzent in der damaligen Musikszene hatte eine solch musikalische Genialität und war in ähnlicher Weise beliebt, wie der «Wake Me Up»-Produzent. Hier ein kleiner Rückblick auf die Karriere von Tim Bergling.
Der schwedische Musiker wurde am 8. September 1989 in einem Vorort von Stockholm geboren und wuchs nahe der schwedischen Hauptstadt mit seiner Mutter Anki Lidén, seinem Vater Klas Bergling und drei Geschwistern auf. Mit elf Jahren entdeckte er seine Leidenschaft zur Musik und lernte das Spielen des Klaviers sowie später der Gitarre. In seiner Jugendzeit erzählte ihm ein Freund von einer Software, mit der er dann wochenlang herumbastelte, und aus verschiedenen Noten einfache Melodien komponierte. 2011 erschien der Song «Collide» von Leona Lewis. Er enthielt ein Sample von Tim. In den Rechtsverhandlungen akzeptierte das Team von Leona Lewis den Song und die beiden entschieden, eine gemeinsame Neuauflage von «Collide» zu produzieren. Die Kollaboration wurde veröffentlicht und der Leona-Lewis-Track «Collide» erhielt eine frische Neuauflage, die den Song in die Charts brachte. Kurz zuvor brachte Avicii aber seine Version unter dem Namen «Fade into Darkness» raus.
Mit «Levels» zum Erfolg
Avicii und Ash, der als Manager und immer mehr als Freund und Helfer für Avicii fungierte, wurden auf ein altes Gospel-Vocal-Sample aus «Something’s Got A Hold On Me» von Etta James aufmerksam. Den beiden gefiel das Sample, sodass sie verschiedene Sounds ausprobierten. Es war genau die fröhliche Melodie, nach der man gesucht hatte. So ging es mit «Levels» steil bergauf und der Song entwickelte sich zu einem viralen Hit. Auf ein Mal kannte jeder Raver die Melodie des Tracks und die Menge sang seine Songs bei allen Shows mit.
Die Zusammenarbeit mit David Guetta
Während des Erfolges um «Levels» fragte David Guetta beim Team von Avicii wegen eines gemeinsamen Songs an. Im November 2011 setzten sich die beiden Produzenten ins Studio und produzierten den Kollaborationstrack «Sunshine», der nur als Album-Track auf «Nothing But The Beat» von David Guetta vorhanden ist. Doch auch ohne eine Veröffentlichung war es für Avicii eine grosse Ehre, mit einem der damals angesagtesten Produzenten zusammenarbeiten zu dürfen. Die Zusammenarbeit wurde anschliessend für den Grammy in der Kategorie «Best Dance Record» nominiert.
Veröffentlichung des Debütalbums 2013
Das Jahr 2013 begann für Avicii mit der Nominierung bei den Grammys für den Mega-Hit «Levels» in der Kategorie «Best Dance Record». Im März folgte der zweite Auftritt beim Ultra Music Festival Miami. Sein Set bestand aus einigen Ausschnitten des anstehenden Albums «True», das im September 2013 erschien.
Am 25. Juni 2013 wurde «Wake Me Up» in Kooperation mit dem Soul-Sänger Aloe Blacc offiziell veröffentlicht. Der Sommer-Hit war die erste Single-Auskopplung vom Debütalbum «True» und sprengte alle Rahmen an möglichen Erfolgsstrukturen. In ganz Europa stand der Song über die Sommermonate an der Spitze. Selbst in den Vereinigten Staaten kletterte Avicii mit der Nummer auf Platz 4 der Charts. In Deutschland bekam «Wake Me Up» als erster Song eine Diamant-Auszeichnung für über eine Million Verkäufe sowie den Titel des «Offiziellen Sommerhits 2013».
«A Sky Full of Stars» für Coldplay und weitere Chart-Hits
In das Jahr 2014 stieg der Schwede mit einem neuen Mini-Album ein. Es war ein Remix-Album von «True». So veröffentlichte Avicii etliche Songs neu, die als «Avicii by Avicii Mix» gekennzeichnet wurden. Im Frühsommer machte Avicii weniger mit eigenen Songs, sondern mehr mit Gastproduktionen auf sich aufmerksam. Doch weder bei seiner Produktion «A Sky Full Of Stars» für Coldplay noch bei «Lovers On The Sun» für David Guetta wurde Avicii im Titel verewigt. Er verzichtete auf die Namesnennung.
Der Gute-Laune-Song mit Robbie Williams
Im Herbst 2014 erschien die langersehnte Zusammenarbeit von Avicii und Robbie Williams namens «The Days». Die Enttäuschung fiel dann jedoch relativ hoch aus, als der ehemalige Take-That-Sänger nicht einmal im Titel auftauchte. Der Song war eine gelungene Gute-Laune-Nummer für die Single-Charts und konnte auch beachtliche Erfolge verzeichnen, doch die Tatsache das man auf eine Feature-Nennung von Robbie Williams verzichtete, war extrem ungewöhnlich.
Einen Monat später erschien der «Gegentrack» innerhalb einer EP. Der Song «The Nights» von Avicii war bereits seit September 2014 als Teil des FIFA-15-Soundtracks bekannt, aber wurde dann noch einmal zusätzlich veröffentlicht.
Das zweite Album «Stories»
Am 3. September 2015 war es dann endlich soweit. Das zweite Studio-Album «Stories» vom schwedischen Ausnahme-Musiker war auf dem Markt erschienen. Das Album konnte zwar nicht vollständig an den Erfolg von «True» anknüpfen, blieb aber auch nicht vollkommen hinter den Erwartungen zurück. Interessant war der Anblick der Entwicklung vom ersten zum zweiten Album. Bei «Stories» versuchte sich der Schwede in verschiedenen Bereichen wie EDM, House und Dance-Pop und trennte sich in weiten Teilen von seinem ursprünglichen Country-Style.
Unerwarteter Rückzug als DJ im Jahr 2016
Im März schien es zunächst als würde es mit der DJ-Karriere wieder deutlich vorangehen. Doch dann enthüllte Avicii eine Tatsache, welche die Fans komplett überraschte. Im März 2016 verkündete der Schwede seinen Rückzug als DJ, da er es mental nicht mehr schaffe und sich auf unbestimmte Zeit eine Auszeit gönnen wolle. Zur Freude der Fans wollte er die geplante Tour trotz seiner Enthüllung noch vollenden und hängte seine DJ-Karriere erst im August an den Nagel. Auf die Ernüchterung der Fans über den Rückzug als DJ folgte Entzücken über die nächste Enthüllung von Avicii, die der Schwede bekanntgab. Der 27-Jährige kündigte die Veröffentlichung eines dritten Studio-Albums für 2017 an. Dazu kam es bedauerlicherweise nie.
Die Rückkehr mit Rita Ora
Im Juni 2017 gab es erste Neuigkeiten: Rita Ora stellte in London nämlich eine Acapella-Version ihres zukünftigen Songs mit Avicii vor. Einen Monat später meldete sich Tim persönlich auf Instagram zurück und startete eine Ankündigungs-Kampagne für seine anstehende Rückkehr in Form einer EP. Die EP wurde mit gemischte Kritiken aufgenommen. Einige feierten mit der Veröffentlichung die Rückkehr eines musikalischen Genies, für andere waren die Songs zu sehr im Pop-Bereich einzuordnen und deshalb wenig überzeugend.
Überraschender Tod eines musikalischen Genies im Oman
Zum Anfang des Jahres 2018 kamen wieder Gerüchte über das Veröffentlichungsdatum der zweiten EP auf. In den sozialen Netzwerken sah man den Schweden oft bei der Arbeit im Studio. In regelmässigen Abständen erschienen Bilder von Tim Bergling, auf denen er erholt und fröhlich wirkte.
Am 20. April wurde Avicii jedoch während seines Urlaubs im Oman tot aufgefunden. Am 26. April 2018 veröffentlichte seine Familie eine Erklärung, in der es hiess: «Er hat wirklich gerungen mit dem Nachdenken über den Sinn, das Leben, das Glück. Jetzt hat er es nicht länger geschafft. Er wollte Frieden haben.»
Laut «20 Minuten» hinterliess Tim Bergling ein Vermögen von rund 25 Millionen Franken. Mit einem Teil des Vermögens gründeten seine Eltern die «Tim Bergling Stiftung», die sich für Suizid-Prävention einsetzt.
Die Welt verlor einen begnadeten Musiker und mehr
Mit dem Tode von Avicii am Freitag, 20. April 2018 starb einer der bedeutendsten, einflussreichsten und genialsten Musiker des 21. Jahrhunderts. Der gesamten Welt ging die tragische Geschichte eines 28-jährigen Produzenten, der letztlich möglicherweise am enormen Druck der Medien und Fans zerbrochen ist, nahe. «Tim Bergling war ein musikalisches Genie und zog nicht nur in seinem Genre, sondern im gesamten Musik-Business seine Fäden», so Radio Pilatus Musikchef Michi Huser. Die Welt verlor nicht nur einen begnadeten Musiker. Avicii war ein sympathischer und liebenswerter Mensch, der mit unzählbaren Musiker auf dieser Welt eine tolle Beziehung pflegte.