Keine Predigten mehr im Mai?
Seinen Ursprung hat dieser Versuch in Deutschland. Die Autorin Hanna Jacobs schrieb in einem Magazin einen Artikel mit dem Titel «Herr Pfarrer, lassen Sie ihre Predigt stecken». Dieser wurde auch in der Ostschweiz gelesen und führte dazu, dass es diesen Monat keine Predigt gibt. Bolt sieht im Versuch die Möglichkeit, später den Gottesdienst offener gestalten zu können. Betont aber, dass es nicht das Ziel sei, die Predigt generell abzuschaffen. Nebst einer Feedbacksammlung der Gottesdienstteilnehmerinnen und -teilnehmer wird auch die Autorin des Beitrags im Juni für einen Austausch nach St.Gallen kommen.
Mehr Leute in der Kirche
Bis jetzt funktioniert das Modell «Predigt-frei», es kämen mehr Leute in die Kirche, so die reformierte Pfarrerin Kathrin Bolt. «Es kamen mehr Katholische, aber auch mehr jüngere Leute. Neugierige Menschen, die wissen wollen, was wir hier machen.» «Wir», das sind drei Pfarrerinnen und ein Pfarrer der Kirchgemeinde Straubenzell in St. Gallen.
Auch ohne Predigt gibt verschiedene Methoden, einen Gottesdienst zu gestalten. «Ich organisierte einen Gottesdienst mit verschiedenen Stationen, bei denen die Leute entscheiden konnten, ob sie singen, schreiben oder meditieren wollten. Das fand ich sehr lebendig und der Gottesdienst hat viel Freude ausgelöst.» Aber klar, auch für Pfarrerin Bolt ist es eine Herausforderung und sie fragt sich bei gewissen Themen, wie sie diese ohne Predigt umsetzen soll. Gleichzeitig bietet ein Gottesdienst ohne Predigt aber auch mehr Raum für Gebete, Lieder und Bibeltexte. «Diese kriegen viel mehr Gewicht und das ist schön.»
Weg vom «Frontalunterricht»
Die Aktion polarisiert und das sei gut so. «Es gibt durchaus Leute, die sich darauf freuen, dass wir bald wieder predigen», so Kathrin Bolt. Und wie gesagt, es sei auch nicht das Ziel, diese abzuschaffen. Aber: «Wir müssen den ‹Frontalunterricht› in der Kirche überdenken und uns fragen, was die Leute beschäftigt.» Oft predigen Pfarrpersonen über Themen, die sie persönlich interessieren und beschäftigen. Diese Einstellung müsse man hinterfragen und den Blick auch auf das richten, was die Leute beschäftigt. Wie? «Indem man mit ihnen spricht und sie aktiv fragt.» So kann eine völlig neue Art von Gottesdienst entstehen. Eine, die bei Bedarf, aber nicht um jeden Preis, eine Predigt verlangt. Pfarrerin Kathrin Bolt meint: «Vermutlich wird der Mai in Zukunft predigt-frei bleiben.»
Hier gibt es die ganze «Gott und d'Wält»-Sendung zum Thema: