Das Bauchtäschli feiert sein Comeback
Das neue Sicherheitskonzept startet bereits beim Haupteingang: Hier werden nicht nur die Gepäckstücke der Besucher genau unter die Lupe genommen, sondern auch die Besucher selbst. Seit diesem Jahr werden die Gäste bei der Eingangskontrolle abgetastet. Ein zweiter Bodycheck wird beim Eingang zum Festivalgelände durchgeführt. Bei dieser zweiten Sicherheitskontrolle erwartet die Konzertbesucher die wohl einschneidendste Änderung: Nur noch Taschen, die kleiner sind als A5, also ein halbes A4-Blatt klein sind, dürfen mit vor die Bühnen genommen werden.
Besucher sind geteilter Meinung
Diese neue Sicherheitsvorschrift stellt manchen Besucher vor organisatorische und finanzielle Herausforderungen. Daniel Schulz aus Ulm: «In diese kleine Tasche passt kein Pulli und ich kann ihn bei dieser Hitze nicht den ganzen Tag um den Bauch binden. Also muss ich irgendwann zurück zum Zelt und verpasse dabei vielleicht einen coolen Act», erklärt der 24-Jährige. Seine Begleitung Nadja Oberdorfer (24) findet die neue Vorschrift gut, aber sicherer fühle sie sich dadurch nicht: «So genau kontrollieren sie ja dann auch nicht.»
Pirmin Müller aus Luzern begrüsst die verschärften Sicherheitsvorkehrungen. «In der heutigen Zeit mit den vielen Anschlägen finde ich es gut, dass das Frauenfelder reagiert hat.» Da der 28-Jährige sowieso immer mit einem Bauchtäschli unterwegs ist, stört ihn diese Neuerung nicht. Zudem sei alles gut organisiert. «Und wer nichts zu verbergen hat, sollte auch kein Problem haben, sich anzupassen», findet er.
Ganz anders sieht das Severin Römer aus Waltenschwil im Kanton Aargau. Der 16-Jährige findet klare Worte: «Ich finde diese Regel Scheisse.» In dieses Täschli passe nur gerade sein Handy, das Ladekabel und sein Portemonnaie. «Ich kann nicht mal eine Flasche Wasser aufs Festivalgelände mitnehmen und hier ist alles viel teurer.» Auch Vanessa Keller (24) aus Weinfelden hält die Sicherheitsvorkehrungen für unnötig und die Kontrollen für überflüssig: «Es ist ja noch nie etwas passiert.»
Keine Terrorangst
Doch genau das Risiko, dass etwas passiert, will man am Openair Frauenfeld nicht eingehen, wie Geschäftsführer René Götz sagt. «Wir haben eine neue Ausgangslage in Europa. Die terroristischen Anschläge der vergangenen Monate haben uns dazu veranlasst, unsere Sicherheitskontrollen anzupassen», begründet Götz die intensivierten Sicherheitsmassnahmen. Er betont jedoch, dass man keine Angst vor Terrorattacken habe, es handle sich um rein präventive Massnahmen zum Wohle der Besucher. Bisher hätten ihn auch keine negativen Feedbacks erreicht. «Ich glaube, heutzutage erwarten die Besucher bei Anlässen dieser Grösse auch, dass in Sachen Sicherheit genügend getan wird. Deshalb ist es unsere Aufgabe als Grossveranstalter, diese Verantwortung wahrnehmen und präventiv unser Möglichstes zu tun.»
Betonhindernisse sollen Fahrzeuge bremsen
Weiter wurden auch die Sicherheitsmassnahmen bei den Zufahrten zum Gelände erhöht. «Da wir alle Zufahrtstrassen benötigen, können wir sie nicht einfach absperren. Deshalb haben wir dieses Jahr erstmals Schikanen eingebaut», erklärt Heinz Bachmann von der Kantonspolizei Thurgau, der für die Einsatzleitung verantwortlich ist. Grosse Betonhindernisse sollen verhindern, dass Fahrzeuge ungebremst aufs Gelände fahren können. Man hofft, dass die Betonblöcke die Fahrzeuge – falls es denn zu einem Vorfall wie in Nizza, Stockholm oder auf dem Berliner Weihnachtsmarkt kommen sollte – abbremsen würden.
Auch die Kantonspolizei ist dieses Jahr präsenter, vor allem beim Busstop, beim Haupteingang und beim Eingang zum Festivalgelände. «Wir möchten einerseits den Besuchern ein Gefühl von Sicherheit vermitteln und andererseits präventiv wirken. Wir wollen zeigen, dass wir da sind und bereit, falls etwas passieren sollte.»
Das Openair Frauenfeld auf der Grossen Allmend ist gemäss dem Veranstalter das grösste Openair der Deutschschweiz und das grösste Hip-Hop-Festival Europas. Wie die Festivalleitung mitteilt, ist das Openair ausverkauft. Zusammen mit den Early-Bird-Tickets, mit denen die Besucher bereits gestern Mittwoch aufs Gelände durften, rechnen die Veranstalter an vier Tagen mit insgesamt 170'000 Tageseintritten, das macht bis zu 50'000 Besucherinnen und Besucher pro Tag.