Ein Todesengel vor der Kathedrale
Das Bühnenbild könnte auch das Cover eines Iron Maiden-Albums sein: Totenschädel, Knochenhände, ein riesiges brennendes Herz, alles in schwarz und rot. Dahinter ragt die Frontseite der Kathedrale mit den beiden markanten Türmen in den Himmel.
Erst auf den zweiten Blick fallen die wechselseitigen Bezüge auf: Der Strahlenkranz, der goldene Kreuzstab im Bühnenbild sind auch an der Barockkirche zu sehen. In die Inszenierung wird das Glockengeläut einbezogen - auch wenn dabei das Timing heikel sei, wie es an der Begehung der Bühne am Donnerstag hiess. Der Raum der Inszenierung wird erweitert: Gespielt wird auch vom Mittelbalkon an der Kathedralenfassade aus.
«Ein Kasperltheater für Erwachsene»
In der Oper werde «heiss und innig geliebt», sagte Bühnenbildner Frank Philipp Schlössmann. Die Geschichte von «Il Trovatore» sei eine Moritat, auch irgendwie «ein Kasperltheater für Erwachsene», aber «mit viel Kraft und Wucht». Ein grosser Todesengel umschliesst nun die ganze Bühne, davor wird mit Kreuzen ein Soldatenfriedhof symbolisiert. Der Totenschädel als Memento Mori spiele eine wichtige Rolle im Barock und passe deshalb gut zur Kathedrale, so Schlössmann.
Es sind die Tage, in denen die Premiere immer näher rückt. Die Lautsprecheranlage mit ihrem Raumklang, aber auch die Einrichtungen für das Einblenden von Untertiteln zu den Arien sind bereits installiert. Am Donnerstagvormittag probten Timothy Richards, der den Troubadour Manrico gibt und die Sopranistin Hulkar Subirova, die Leonora, ihre Gesangparts in voller Lautstärke zwischen Weltkulturgut und Regierungsgebäude - zumindest solange das Wetter hielt.
Erstmals keine Rarität
Die Aufführung der bekannten Verdi-Oper ist eine Ausnahme in der 14-jährigen Geschichte der St.Galler Festspiele. Erstmals werde keine Rarität gezeigt, bestätigte Theaterdirektor Werner Signer. Man habe «Il Trovatore» aber schon länger aufführen wollen, weil der Stoff mit vielen Aussenszenen so ausserordentlich gut für die Freiluftbühne passe.
Die Geschichte sei sehr modern, es gehe darum, «wie Menschen wie heute von den Populisten zu Hass erzogen werden», stellte Regisseur Aron Stiehl fest. Er hat schon für die Seebühne in Bregenz gearbeitet und verfügt deshalb über Erfahrungen in Openair-Aufführungen. Der Unterschied zu St.Gallen sei allerdings gross: Das Publikum sitze hier so nahe wie bei einem Schauspiel, jede Geste werde gesehen, es habe etwas Kammerspielartiges. Man dürfe nicht zu gross inszenieren, das habe man bei den Proben gemerkt, sagte er.
Wie immer muss für die Festspiele alles wasserfest und sturmsicher gebaut werden. Die Bühne wird stets von Grund auf neu konstruiert. Der technische Aufwand sei allerdings bei früheren Aufführungen auch schon grösser gewesen, sagt der technische Leiter Georges Hanimann. Benötigt wurden etwa diverse Auf- und Abgänge für die Auftritte des Chors. Hinter der Bühne ist aber nicht viel Stauraum, der Weg muss frei bleiben, unter anderem damit der nebenan wohnende St.Galler Bischof seinen Parkplatz erreichen kann.