Kollegah & Farid Bang sind ein «Grenzfall»
In dem umstrittenen Song geht es vor allem um die Zeile: «Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen». Die künstlerische Freiheit sei in dem Text «nicht so wesentlich übertreten», dass ein Ausschluss gerechtfertigt wäre, befand der Beirat in seiner am Freitag veröffentlichten Entscheidung mehrheitlich.
«Provozierend, respektlos und voller Gewalt»
Der Beiratsvorsitzende Wolfgang Börnsen machte aber unmissverständlich deutlich, wie schmal der Grat für das Votum war. Die Wortwahl einiger Texte der Düsseldorfer Deutsch-Rapper sei provozierend, respektlos und voller Gewalt, erklärte er. «Sie als Stilmittel des Battle-Raps zu verharmlosen, lehnen wir ab.»
Dennoch hielt der Beirat einen formalen Ausschluss «nach intensiver und teilweise kontroverser Diskussion» mehrheitlich nicht für den richtigen Weg, so Börnsen. Nicht nur in der Musik, auch in anderen Kunstbereichen gebe es zunehmend «eklatante Tabubrüche». Dies müsse jedoch in einer breiten gesellschaftlichen Debatte aufgegriffen werden.
Vergabe aufgrund von Verkaufszahlen
Für den Bundesverband Musikindustrie erklärte der Vorsitzende Florian Dücke: «Wir respektieren die Entscheidung (des Beirats), auch wenn die Sprache des Albums nicht unsere ist und wir Verständnis dafür haben, dass es viel Betroffenheit gibt.» Allerdings sollte nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Vergabe des Echo auf Verkaufszahlen basiere.
Das fragliche Album «Jung, brutal, gutaussehend 3» hatte schon vor seinem Erscheinen Anfang Dezember mit mehr als 100'000 Verkäufen Goldstatus erreicht. Bei der Echo-Verleihung ist es in den beiden Kategorien Bestes Album und deutscher Hip Hop nominiert. Der als antisemitisch kritisierte Song «0815» findet sich auf dem Bonusmaterial des Albums.
Freier Eintritt für jüdische Fans
Für den Echo ist eine Debatte um rassistische oder gewaltverherrlichende Liedtexte nicht neu. 2013 war die Deutschrockband Frei.Wild nach massiver Kritik von der Nominierungsliste gestrichen worden. Mitbewerber hatten den Südtiroler Musikern eine Nähe zu rechten Szene vorgeworfen und mit Boykott gedroht. Auch der vielfache Echo-Gewinner Xavier Naidoo musste sich mehrfach gegen den Vorwurf des Antisemitismus oder Populismus wehren, etwa für seinen Song «Raus aus dem Reichstag».
Farid Bang hatte sich nach Bekanntwerden der Kritik auf seiner Facebookseite für mögliche Verletzungen entschuldigt. Kollegah und er würden sich von «jeglicher Form des Antisemitismus oder Hass gegen Minderheiten» distanzieren. Kollegah erklärte, jüdische Fans hätten ab sofort auf Lebenszeit freien Eintritt zu jedem Konzert des Duos.