Kritik wegen Bändel-Verkauf-Zwang
Den Churer-Fest-Bändel für zehn Franken gibt es seit zwei Jahren und können von den Besucherinnen und Besuchern freiwillig gekauft werden. Dies, um dem Fest finanziell unter die Arme zu greifen.
Bislang jedoch sind die Fest-Bändel kaum gekauft worden. In den vergangenen zwei Jahren gingen gerade einmal je 3000 dieser Bändel an die Frau oder den Mann. Im Verhältnis zu den Besucherzahlen - 80'000 im Jahr 2016, 75'000 im Jahr 2017 - ist dies weniger, als vom OK erwünscht.
«Uns war bewusst, dass etwas Neues immer Zeit braucht, bis es greift. Wir haben uns allerdings erhofft, dass sich die Verkäufe der Festbändel nach dem ersten Jahr steigern. Das ist nicht passiert», sagt OK-Präsidentin Andrea Thür-Suter. Deswegen habe man im OK diskutiert, wie man die Bändel am besten in Umlauf bringen könne.
«Kein immens hoher Aufwand»
«Die teilnehmenden Vereine lagen nahe. Sie können die Bändel ab der zweiten Juniwoche an Bekannte, Freunde und die Familie verkaufen. Das funktioniert besser, als wenn ein externer Verein, der das bislang gemacht hat, die Bändel an ‹Fremde› verkaufen muss», sagt Thür-Suter. Wenn die Bändel bis zum Churer Fest im August nicht alle weggehen, können sie am Stand noch verkauft werden.
Die Idee kommt jedoch bei vielen Vereinen nicht gut an. Thür-Suter: «Die Reaktionen waren eher negativ. Ein gewisses Verständnis haben wir schon dafür. Der Aufwand, die Bändel zu verkaufen, ist aber nicht immens hoch. Wenn wir keine zusätzlichen Einnahmen haben, wird das Churer Fest kurz- oder mittelfristig ein Ess- und Trinkfest. Dagegen wehren wir uns vehement.»
Die Präsidentin des Organisationskomitees sagt, das Churer Fest sei deshalb attraktiv, weil es ein Rahmenprogramm mit Live-Musik biete. Ein Food-Festival gebe es schon, das wolle man nicht. «Wir sitzen eigentlich im gleichen Boot wie die Vereine. Wir wollen ja alle dasselbe: ein attraktives Fest», sagt Thür-Suter.
Die Mehreinnahmen durch den Fest-Bändel sollen die steigenden Kosten decken. «Es sind die Fixkosten, wie zum Beispiel jene der Sicherheit und der sanitären Anlagen, die aufgrund der Auflagen jährlich steigen.»
Für das kommende Jahr hat das OK bereits ein Defizit budgetiert. «Wir können das ein- bis zweimal verkraften, aber sicher nicht länger», sagt Thür-Suter. Würden die Sponsoring-Beiträge weiterhin wegbrechen, gebe es keine andere Möglichkeit, als die Platzmiete zu erhöhen und das Rahmenprogramm wegzulassen, sollte keine weitere Einnahmequelle vorhanden sein.
Wolle man an den Grundsätzen des Churer Festes rütteln, könnte man das Fest auch für Kommerzielle öffnen, statt nur für die regionalen Vereine. «Solche Optionen werden diskutiert. Der Bändel war ein für uns vertretbarer Weg und wir wollen das nicht aufgeben. Ist die Bereitschaft der Vereine nicht da, wird es schwer, ein nicht kommerzielles Churer Fest durchzuführen», sagt Thür-Suter.
«Festbesucher sollen Kosten tragen»
Wie die OK-Präsidentin erklärt, reduziert sich für die Vereine durch den Verkauf der Bändel die Platzmiete, da sie acht statt zehn Franken pro Bändel bezahlen. Zwei Franken fliessen so pro Bändel in die Vereinskasse. Wenn die Standbetreiber mehr als die zugewiesenen Bändel verkaufen, erhalten sie die Hälfte des Verkaufpreises.
«Die Kosten für das Churer Fest sollen nicht von den Vereinen, sondern von den Festbesuchern getragen werden», sagt Thür-Suter. Werden die Bändel jedoch nicht verkauft, kommt auf die Standbetreiber eine Erhöhung der Miete zu.
Es gibt keine Möglichkeit, die nicht verkauften Bändel zurückzugeben. Pro Stand werden zwei bis sieben Bändel pro Vereinsmitglied verteilt - je nach Grösse und Attraktivität eines Standes. «Die grösseren Vereine werden so von den kleineren quersubventioniert. Die grösseren Platzbetreiber mit viel technischem Equipment tragen finanziell das grössere Risiko», meint Thür-Suter.
Schlechte Kommunikation
Das ist einer der Punkte, der bei einigen Vereinen negativ aufgefasst wird. Dass das Churer Fest wegen fehlender Sponsoring-Beiträge eine Einnahmequelle braucht, ist den Vereinen jedoch klar.
«Einen kostenpflichtigen Fest-Bändel einzuführen, ist verständlich, da die Kosten höher geworden sind. Es ist klar, dass das OK etwas machen muss. Aber was mich stört, ist, wie kommuniziert wurde und wie der Verteilschlüssel der Bändel pro Verein festgelegt wurde», sagt einer der Teilnehmenden, der anonym bleiben möchte.
Er ist der Meinung, man habe die Vereine mit einem Schreiben vor vollendete Tatsachen gestellt. «Es hiess, jeder Verein müsse die Bändel erwerben. Punkt, amen, aus. Es hat kein Dialog stattgefunden. Zuvor hat man nie davon gesprochen, die Vereine in die Pflicht zu nehmen», sagt das Vereinsmitglied.
Der Verteilschlüssel ist für ihn nicht nachvollziehbar und er wünscht sich, dass das OK für die kommenden Jahre nochmal über die Bücher geht. «Ich finde es nicht fair, dass kleine Vereine die Grossen tragen und verhältnismässig mehr Bändel verkaufen müssen.»
Sein Verein ist seit weit über 20 Jahren am Churer Fest vertreten und betreibt einen Essensstand. Finanziell und werbetechnisch ist der Verein immer gut aus dem Fest herausgegangen. Er geht davon aus, dass es für seinen Verein schwierig wird, alle Bändel zu verkaufen, da rund die Hälfte der Helfer Bekannte und Familienmitglieder seien. «Das sorgt für Gewinneinbussen.»
Nicht alle Vereine finden den Bändel-Verkauf schlecht. Gian Barandun vom Volleyballclub Chur findet, er sei gut für das Fest. «Es ist ein etwas grösserer administrativer Aufwand, aber es ist sinnvoll, die Fest-Bändel über die Vereine zu verkaufen.»