Ostschweiz
St. Gallen

PFAS Chemikalien im Bogen Mörschwil-Eggersriet-Untereggen-Goldach-Altenrhein und St.Margrethen gefunden

Noch mehr Chemikalien in St.Galler Böden gefunden – Fleisch und Milch belastet

Im Kanton St.Gallen gibt es weitere belastete Bodenflächen, was sich teilweise auf die dort weidenden Tiere auswirkt. (Symbolbild)
© Imago
Proben haben gezeigt, dass auf der Eggersrieter Höhe Bereiche des Bodens mit PFAS belastet sind. Der Kanton St.Gallen hat seither die Untersuchungen ausgeweitet. Jetzt zeigt sich, dass im Nordosten des Kantons weitere Flächen belastet sind. Das Fleisch von dort weidenden Tieren überschreitet teilweise die Höchstwerte.

Seit Herbst 2021 weiss man, dass auf der Eggersrieter Höhe Bereiche des Bodens mit PFAS belastet sind. Der Kanton St.Gallen hat seither die Untersuchungen ausgeweitet. Die Messungen zeigen nun, dass es in der Region weitere belastete Flächen gibt. Darüber informierte der Kanton St.Gallen am Mittwoch.

Punktuelle, aber keine grossflächige Belastung

Betroffen sind Flächen im Bogen Mörschwil-Eggersriet-Untereggen-Goldach-Altenrhein St.Margrethen. Der Kanton hat im Fleisch von einigen Kühen und Rindern von Betrieben mit belasteten Flächen wie auch im Boden und im Quellwasser dieser Flächen erhöhte oder zu hohe PFAS-Werte gemessen. Auch entsprechende Milchproben von Kühen weisen erhöhte Werte auf.

Als Ursache wird in vielen Fällen Klärschlamm aus Abwasserreinigungsanlagen vermutet, der mit PFAS belastet war. Bis 2006 durfte dieser nämlich als Dünger auf landwirtschaftlichen Flächen verwenden werden.

Regierung erlässt Vorsichtsmassnahmen – mit Konsequenzen für Landwirtschaft

Aufgrund der Resultate erlässt die Regierung Vorsichtsmassnahmen. Regierungsrat Beat Tinner betont in der Medieninformation am Mittwochmorgen mehrmals: «Es ist kein Grund in Panik zu geraten. Es ist keine lebensbedrohliche Situation.» Immerhin beruhigend: Das Trinkwasser von öffentlichen Wasserversorgungen im Kanton St.Gallen zeigt keine erhöhten PFAS-Gehalte. Bei Lebensmitteln, für die keine gesetzlichen Höchstwerte bestehen, arbeitet der Kanton mit Empfehlungen:

  • Lebensmittel mit einer PFAS-Belastung über dem geltenden Höchstwert dürfen nicht mehr in den Verkauf kommen. Das bedeutet, dass alle geprüften Lebensmittel den rechtlichen Anforderungen entsprechen und konsumiert werden können.
  • Die Betriebe müssen sicherstellen, dass die PFAS-Höchstwerte im Fleisch ihrer Tiere nicht überschritten werden. Werden sie überschritten, darf das Fleisch nicht für die menschliche Ernährung verwendet werden. Das Fleisch von Tieren, die vor dem 1. August 2024 bereits bei den Betrieben waren, dürfen noch verwertet werden.
  • Die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe dürfen auf belasteten Böden keine Bodenverschiebungen vornehmen. Ausserdem darf kein Aushub aus dem Gebiet entfernt werden.
  • Empfohlen wird für die Tränke der Tiere sowie die Produktion von Lebensmitteln das Trinkwasser der Gemeinde zu nutzen. Wenn möglich, sollen die Tiere auf nicht belasteten Flächen weiden.

«Für die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe bedeuten die Befunde starke Einschnitte in der Produktion. Der Kanton unterstützt die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe deshalb mit Überbrückungskrediten», so der Kanton.

Man sei auch mit Agroscope, der landwirtschaftlichen Forschungsstelle des Bundes, in Kontakt. Da schweizweit weitere Landwirtschaftsbetriebe von PFAS-Belastungen betroffen sein werden, soll Agroscope untersuchen, ob alternative Produktionsmodelle möglich sind.

Kanton weitet PFAS-Beprobung aus

Die aktuellen Resultate sind die Folge von Beprobungen in Fliessgewässern, Lebensmitteln und Böden. Die Messungen sind aber noch nicht abschliessend. Laut Kanton ist möglich, dass weitere Flächen gefunden werden. Es habe sich gezeigt, das erhöhte Werte im Fleisch oder der Milch mit erhöhten Werten im Boden und im Wasser einhergehen können.

Der Kanton wird deshalb basierend auf den gemachten Erfahrungen ein PFAS-Beprobungskonzept lancieren. Dies sei unter anderem wichtig, um den betroffenen Landwirtschaftsbetrieben genaue Angaben machen zu können, welche Flächen unbelastet sind und weiterhin für die Lebensmittelproduktion genutzt werden können.

Das möchte der Kanton St.Gallen gegen PFAS tun.

© Kanton St.Gallen

Regierung fordert nationalen Aktionsplan

Der Kanton St.Gallen gehöre laut Mitteilung schweizweit zu den ersten Kantonen, welche die Untersuchungen zur PFAS-Belastung ausgedehnt erheben. Deshalb gebe es wenig Erfahrungswerte zur Senkung der PFAS-Belastung. Zuständig für die Belastungsreduktion seien zwar die Kantone, jedoch mache der Bund bis jetzt nur wenige einheitliche Vorgaben – dies, obwohl PFAS ein schweizweites Problem darstellen.

Der Bund ist auch für die Gesetzgebung im Bereich der Lebensmittelsicherheit zuständig. Er gibt Höchstwerte für schädliche Stoffe in Lebensmitteln vor. Seit 2024 existieren für bestimmte Lebensmittel in Bezug auf die PFAS-Belastung Vorgaben. Jedoch gibt es nicht für alle Lebensmittel solche Höchstwerte. Beispielsweise fehlen solche bei Milch und Milchprodukten.

Das Bundesparlament hat dem Bundesrat den Auftrag erteilt, zu prüfen, ob es einen nationalen PFAS-Aktionsplan braucht. «Für die Regierung des Kantons St.Gallen ist es zwingend, dass ein solcher Aktionsplan zeitnah folgt und ein national einheitliches Vorgehen besteht. Es muss schweizweit gleiche Massnahmen geben, um kantonale Unterschiede zu vermeiden. Der Bund muss Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit garantieren.»

veröffentlicht: 28. August 2024 09:59
aktualisiert: 28. August 2024 10:22
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