David Hasselhoff: Zwischen Kult und Katastrophe
David Hasselhoff, Serienstar und Sänger, verbindet die Menschen. Kein Hipster, kein Rocker, kein Liebespaar in Hippiekleidern, kein Metalhead im Slipknot-Tourshirt, kein Kind, keine Grossmutter war zu stolz, sich ein Konzertticket zu kaufen. «David Hasselhoff ist Gott», schreit ein Mann in der Warteschlange sogar. Und so kommt es einem in Anbetracht der bunten Pilgerschar auch vor.
Eines muss man dem 67-jährigen Amerikaner lassen: Mit seinem neusten Album «Open Your Eyes», das Ende September erschienen ist, verblüffte er sogar diejenigen, die ihn bis anhin belächelten. Oder zumindest weniger wegen seiner Musik, sondern wegen seiner legendären Rollen in «Baywatch» und «Knight Rider» verehrten.
In Zusammenarbeit mit Gastmusikern wie den Gitarristen Steve Stevens (Billy Idol) oder James Williamson (The Stooges) und mit obskuren Covers wie «Here I Go Again» (Whitesnacke) oder «Heroes» (David Bowie) lieferte Hasselhoff mit dem Album ein unerwartet knackiges Werk ab.
Die Kultfigur
Als sich David Hasselhoff nun also in der Samsung Hall im Goldjackett auf einer runden Hebebühne aus dem Publikum erhebt und zu singen beginnt, sind der Applaus aus unterschiedlichsten Gründen tosend und die Jubelrufe lauter als der Eröffnungssong. Der Sänger freut sich sichtlich, begrüsst seine Fans auch auf Deutsch. Und ein endlos langer Abend beginnt.
Nach 13 Songs, darunter Coverversionen von «Head On» (The Jesus and Mary Chain) oder «Country Roads» (John Denver), und fast ebenso vielen Outfit-Wechseln zieht sich The Hoff in eine halbstündige Pause zurück. Eine Geduldsprobe für alle, die jetzt nicht Bier holen oder sich am Merchandisestand mit T-Shirts, Tassen, Sonnenbrillen und Leuchtstäben eindecken. Einige sitzen auf den Treppenstufen, andere suchen zum Warten eine trockene Sitzecke auf dem biernassen Boden. Es ist Zeit, den ersten Showteil Revue passieren lassen.
David Hasselhoff ist eine Kultfigur, so viel ist klar. Daran erinnern an diesem Abend unzählige Musikvideos, Ausschnitte aus seiner langjährigen Schauspielkarriere, Fotos aus alten Zeiten - und natürlich der leibhaftige Mann auf der Bühne, von dem man sagt, er habe mit seinem Hit «Looking for Freedom» die Berliner Mauer zum Einsturz gebracht.
Hasselhoff hat auch für Skandale gesorgt, allem voran mit einem Youtube-Video, in dem er sturzbetrunken einen Hamburger zu essen versucht. Doch er ist noch immer da, singt «Here I Go Again» und meint das auch so.
Das grosse Aber
Zuviel Liebe macht aber eben auch unkritisch. Und so scheint es niemanden zu stören, dass Hasselhoffs Stimme der Sympathie für ihn gehörig hinterher hinkt. David Hasselhoff probiert sein Defizit mit gefühlt minutenlangem Aushalten von letzten Tönen zu kompensieren - dadurch wird die Gesangsqualität allerdings nicht besser. Was aber keinen kümmert.
Selbst dann nicht, als er David Bowies Titel «Heroes» (auf dem Album noch ganz passabel) zu einer überpathetischen Selbstinszenierung verkommen lässt. Vor Bildern von Kriegshelden, Rettern, Helfern in der Not, singt er zwischenzeitlich auf Deutsch «Ich, ich bin dann König, und du, du Königin» – es ist der Tiefpunkt eines Konzerts, das mit inzwischen 23 Songs nun auch langsam zur Tortur wird.
Doch «Looking for Freedom», das David Hasselhoff wie immer zum Schluss und in seiner legendären Leuchtjacke darbietet, will sich dann doch keiner entgehen lassen. So wird zu «Crazy for You» noch einmal gehörig gejubelt und zu «Do the Limbo Dance» tapfer getanzt. Dazu fliesst so viel Bier, dass die Rückfahrt zum Zürcher Hauptbahnhof wie ein kleiner Oktoberfestnachhall anmutet. Wonach sich die Fans laut singend trennen und in Bestlaune auf ihre unterschiedlichen Heimwege begeben.