Glaube 2.0: Online beten und beichten
Gläubige gehen oft in ihr Gotteshaus - sei es die Kirche, die Moschee oder die Synagoge - um ihr Gebet zu sprechen. Oder machen es für sich zuhause im privaten Rahmen. Doch mittlerweile kann man auch online beten. Dabei geht es in erster Linie darum, ein Gebet teilen zu können. «Die Idee dahinter ist: Ein Gebet von vielen - auch wenn diese die Hintergründe einer Person nicht kennen - hat eine grosse Kraft, die helfen kann», sagt FM1-Pfarrerin Charlotte Küng.
Es gibt viel verschiedene Plattformen, wo man seine Anliegen deponieren kann. Eine davon ist «prayforme.today». Man kann eintippen, was einem gerade durch den Kopf geht. «Wenn jemandem der Kopf raucht, dann kann das helfen, die Gedanken zu ordnen», sagt Küng.
User möchte seinen Chef umbringen lassen
Man kann online aber nicht nur beten, sondern auch seine Sünden beichten. Das ist zum Beispiel unter «beichthaus.com» möglich. «Es ist sicher keine inhaltliche Alternative zum Beichtstuhl in der Kirche. Ein gutes Beichtgespräch lockt einen aus der Reserve und bringt die Menschen dazu, sich selber aus der misslichen Lage zu befreien. Das ist nicht mit einem Post gemacht», sagt Küng.
Die Schattenseiten der Anonymität des Internets zeigen sich bei Beichtportalen. So schreibt ein User zum Beispiel, dass er seinen Chef umbringen lassen möchten. «Wenn ich so etwas lese, habe ich das Gefühl, dass da jemand einfach Dampf ablassen möchte», sagt Küng. Mit beichten habe das nichts zu tun.
Dating-Apps für Singles gleichen Glaubens
Auch bei der Partnersuche für Gläubige hilft heutzutage das Internet. «Für Menschen, die in erster Linie Partner gleichen Glaubens suchen und denen die religiöse Praxis und tägliche Auslebung von religiösen Ritualen sehr wichtig ist, sind solche Apps bestimmt hilfreich. Auch kann dies eine Hilfe für religiöse Minderheiten sein, die sonst nicht so einfach in Kontakt mit Gleichgesinnten kommen», sagt Küng. So gibt es zum Beispiel die App «Minder», wo Single-Muslime Single-Musliminnen finden und umgekehrt. Doch genau das sei ein heikler Punkt. Solche Apps werden laut Küng genau deshalb auch kritisiert: Sie fördern Parallelgesellschaften.
Die Links zur Sendung:
prayforme.today: Plattform für gemeinsames Beten, Fürbittbuch
kloster-einsiedeln.ch: «Das goldene Ohr», eine anonyme Adresse für persönliche, biblische Anliegen, die von einem Mönch beantwortet wird
beichthaus.com: Digitaler Beichtstuhl, zum Teil öffentlich
www.beichte.de: Anonymer Beichtstuhl
www.minder.app: Dating-App für Muslime
sendyourprayertogod.com: Man schickt das Gebet ein, ein Rabbi druckt es aus und steckt es in die Klagemauer in Jerusalem
Die FM1-Sendung «Gott und d'Wält» zum Nachhören: