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Wegen neuem Lehrplan: SVP befürchtet Ideologisierung an der Kanti

Wegen neuem Lehrplan: SVP befürchtet Ideologisierung an der Kanti

Der Richtlehrplan gibt vor, was an den Kantonsschulen unterrichtet wird.
© Keystone
Weil im revidierten Rahmenlehrplan für Kantonsschulen in einem Absatz von «Schutz der Natur» und «Stärkung aller Geschlechteridentitäten» die Rede ist, schlägt die SVP Alarm. Von einer Indoktrinierung könne keine Rede sein, heisst es von der zuständigen Behörde.

Die SVP und die Volksschulen, das ist keine Liebesgeschichte. Schon lange hegen Mitglieder der rechtskonservativen Partei den Verdacht, dass Schülerinnen und Schüler im Unterricht politisch beeinflusst werden.

2014 lancierte die Junge SVP deshalb eine Seite, auf der Schülerinnen und Schüler Lehrpersonen melden konnten, die ihren Unterricht vermeintlich politisch einseitig gestalten. Damals misstraute die SVP einzelnen Lehrpersonen. Nun sieht sie das gesamte Schulsystem durch linke Ideologie in Gefahr.

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Ein Satz stösst auf Gegenwehr

Stein des Anstosses ist der neue Rahmenlehrplan für Kantonsschulen. Darin geht es neben Lernzielen für Fächer wie Mathematik, Biologie oder Deutsch auch um den Unterrichtsbereich «Bildung für nachhaltige Entwicklung» (BNE). BNE ist zwar kein eigenes Fach, die Lernziele sollen aber in allen Unterrichtsbereichen Eingang finden.

In einem Absatz heisst es: Schüler sollen in die Lage versetzt werden, «verantwortungsbewusst zum Schutz der Umwelt zu handeln sowie für Wirtschaftlichkeit und eine gerechte Gesellschaft einzustehen, die Menschen aller Geschlechteridentitäten sowie heutiger und zukünftiger Generationen stärkt und gleichzeitig ihre kulturelle Vielfalt respektiert.» Zu woke, findet die SVP St.Gallen.

«Ideologisch geprägte Themen»

Doch was genau stösst der Partei sauer auf? «Schutz der Umwelt», «Menschen aller Geschlechteridentitäten», «kulturelle Vielfalt»: Das seien Themen, die ideologisch geprägt seien, sagt Sascha Schmid, Fraktionspräsident der SVP St.Gallen auf Anfrage von FM1Today.

Es gehe der SVP nicht etwa darum, dass der Klimawandel im Geografieunterricht nicht besprochen werden solle. Schliesslich gebe es dafür auch wissenschaftliche Beweise. Doch unterrichtsübergreifende Wertehaltungen der Woke-Bewegung hätten in einem Lehrplan nichts verloren. Da mache es auch keinen Unterschied, dass ein weiterer unterrichtsübergreifender Grundsatz explizit erwähne, dass die Schüler in der politischen Bildung zu einer eigenen Meinung befähigt werden sollen.

Die Erfahrung zeige, dass sich die Arbeit am Gymi auf das Fundament des Rahmenlehrplans stütze. Und wenn da Dinge über die Stärkung aller Geschlechteridentitäten drinstünden, könnten das gewisse Lehrer zum Anlass nehmen, diese Themen im Unterricht zu behandeln. «Das wollen wir nicht», so die deutliche Meinung des SVP-Fraktionspräsidenten.

Mit ihrer Kritik am Lehrplan steht die Partei nicht alleine da. Die «NZZ» spricht in einem Artikel von einer «deutlichen gesellschaftspolitischen Schlagseite» und wundert sich darüber, weshalb der Lehrplan auf so wenig Widerstand gestossen sei. Kantonsschulen könnten künftig zu «Lehrstätten von Klimaklebern» werden, wenn Lehrkräfte ihre «eigene gesellschaftspolitische Haltung» in den Vordergrund rückten.

Behörde weist Vorwürfe zurück

Relativ wenig hält man bei der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) von den dramatischen Szenarien, welche die SVP heraufbeschwört. Die EDK, der auch mehrere SVP-Politiker angehören, war federführend in der Erarbeitung des neuen Rahmenlehrplans.

Von Ideologisierung der Schülerinnen und Schüler könne keine Rede sein: Im von der SVP St.Gallen angesprochenen Satz gehe es im Kern um drei grundlegende Aspekte der Nachhaltigkeit: Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. «Diese Werte scheinen im Wesentlichen nicht parteipolitisch verortet zu sein», sagt Stefan Kunfermann, Leiter Kommunikation bei der EDK. Zudem werde im selben Satz festgehalten, dass die Schülerinnen und Schüler befähigt werden sollen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Politische Beeinflussung steht also gerade nicht auf dem Programm. Im Gegenteil: Das Ziel sei es, dass die Schülerinnen und Schüler sich eine eigene Meinung bilden, so Kunfermann.

veröffentlicht: 25. August 2024 07:57
aktualisiert: 25. August 2024 07:57
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